Meditation und Therapie - Transpersonales Atmen und spirituelle Praxis

„Ein spirituelles Leben gibt uns im Laufe der Zeit die Stärke, mit sehr Schwierigem umzugehen, ohne davon zerstört zu werden, ohne dass unser Leben davon verletzt wird.“
Krishna Das

Wer in unserer Gesellschaft aufgewachsen ist und sich wirklich für eine befreiende spirituelle Praxis interessiert, wird unweigerlich an den Punkt kommen, an dem er seinen Schatten begegnet, denen aus der eigenen Biografie, aber auch dem kollektiven und transpersonalen Schatten. Auch eine Therapie die mehr zum Ziel hat, als die reine Funktionalität in der Gesellschaft wieder herzustellen, kann befreiend sein, wenn sie sich dem Erkunden der eigenen Essenz, dem wahren Selbst zuwendet.

Gleich von welchem Zugang her ich auch komme, um die Schatten zu integrieren benötige ich sowohl den Weg in die Tiefe als auch die Kontinuität einer regelmäßigen spirituellen Praxis, die mir nachhaltig das Gefühl des Angebundenseins gibt.

Wir haben beides im Transpersonalen Atmen gefunden, und es ist berührend, andere Menschen bei dieser Therapiearbeit zu begleiten. Unsere Arbeit ruht auf drei Säulen:

  • Dem von Stan Grof entwickelten Holotropen Atmen, das vertiefte Erfahrungen durch veränderte Bewusstseinszustände ermöglicht,
  • einem fundiertem therapeutischen Know How, um diese Erfahrungen heilsam einordnen und annehmen zu können und
  • einer stillen meditativen Praxis, um die Erfahrungen in den Alltag zu integrieren. Wie wir arbeiten lässt sich am besten an unserem Wochenseminar beschreiben.

Mit dem ZEN-Zentrum Felsentor in der Schweiz haben wir den idealen Ort für diese Arbeit gefunden. Es ist ein kraftvoller und zugleich stiller Ort. In unserem letzten Seminar hatten wir sowohl Erfahrene als auch Anfänger im Transpersonalen Atmen als auch in der stillen ZEN-Praxis. Eingebunden sind wir in die tägliche  Meditationspraxis der Felsentor Hausgemeinschaft. Wir beginnen den Tag mit der Morgenmeditation und Rezitation, und enden mit der Abendmeditation. Wir teilen die Samu (Arbeitsmeditation) und Teile des Tages, beispielsweise das Einnehmen der gemeinsamen Mahlzeiten finden im Edlen Schweigen statt. Somit ist die Erfahrung in der Atemsession eingebunden in die stille Praxis, so wie auch unser Seminar idealerweise in die individuelle stille Praxis der Teilnehmerinnen eingebunden ist.

Die eigentliche Atemerfahrung geschieht paarweise. Schon bei der Partnerwahl können erste Erkenntnisse gemacht werden, denn oft ziehen sich passende individuelle Themen an. In die erste Session startet dann einer der beiden als Sitter und begleitet seinen Partner, der in die vertiefte Erfahrung geht. Am nächsten Tag werden paarweise die Rollen getauscht. Der Motor des Atemprozesses ist eine beschleunigte Atmung, wie sie in verschiedenen Yoga Traditionen oder Schamanischen Ritualen genutzt wird, ebenso in der dynamischen Meditation. Diese Atmung ermöglicht einen veränderten Bewusstseinszustand, in dem Elemente aus unserer eigenen Biografie oder transpersonale Inhalte aufsteigen können, wobei gleichzeitig eine beobachtende Instanz erhalten bleibt. Anders als bei der Arbeit mit Substanzen wird man aber nicht über das Integrierbare hinausgetragen. So kann man sich ganz der inneren Weisheit hingeben und dem Prozess vertrauen, denn was genau an Erfahrung kommt, ist nicht vorhersehbar. Erinnerungen an frühkindliche traumatische Momente können in einer heilsamen Art neu durchlebt werden. Transpersonale Erfahrungen zeigen sich beispielsweise, wenn man sich als anderes Wesen oder in anderen Zeiten wiederfindet und spirituelle Erfahrungen von großer Liebe und Licht bis hin zur Konfrontation mit der Dunkelheit sind in dieser ca. drei bis vier Stunden langen inneren Erfahrung möglich. Begleitet werden diese manchmal auch kathartischen Erlebnisse, von einem abgestimmten Musikbogen, der die Erfahrung unterstützt. Wir als Leitung sind nur Helfer dabei, den Prozess zu ermöglichen. Inhaltlich bleibt er ganz der inneren Weisheit des Erfahrenden vorbehalten.

Wenn der Prozess endet und die Erfahrenden wieder langsam in ein “normales” Bewusstsein zurückkehren, hilft das sogenannte “Mandala-Malen” dabei, die ersten Schritte zum Verständnis und der Integration der Erfahrungen zu machen. Da wir nach der Atemsession weitgehend im Schweigen bleiben, wird die Erfahrung auch nicht durch Alltagsgerede überdeckt. Das Schweigen fördert das “bei sich bleiben” bis dann im Gruppengespräch die Erfahrungen geteilt werden. Hier und in Einzelgesprächen geben wir achtsam Hilfestellungen zum Verarbeiten und zur Integration der Prozesse und zur Fortführung der Erfahrungen in den Alltag und der individuellen spirituellen Praxis.

Um dem auch in unserer Atemwoche einen angemessenen Raum zu geben, nutzen wir einen ganzen Tag zwischen den Atemsessions für die stille und integrierende Praxis.

An diesem Tag laden wir die Teilnehmer zur individuellen Reflektion ein. Dieser Tag findet im Schweigen statt und wir laden die Kursgäste ein, die heilsame Kraft der Natur dafür zu nutzen. Dabei helfen Fragen zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Am Ende des Tages bringen alle einen Gegenstand oder Aufzeichnungen mit in das Zendo und in einem tiefgreifenden Übergangsritual nehmen die Teilnehmer Abschied von ihrer individuellen Vergangenheit und laden ihre Zukunft – ihre Herzenswünsche – in ihr Leben ein. Die Gegenstände werden dann zum Abschluss des Rituals in Stille verbrannt. Im zweiten Teil der Woche geht dann jeder noch einmal in die Erfahrung als Atmender und Begleiter und unsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich Themen aus dem ersten Prozess fortführen oder abschließen können. Letztlich gibt es aber nie ein wirkliches Prozessende. Eine ernsthafte spirituelle Praxis ist ein lebenslanges an sich arbeiten, sich verändern und wandeln. Wie wir es einleitend mit Krishna Das Worten beschreiben, es ist das radikale Annehmen des gegenwärtigen Augenblicks ohne sich von Schwierigkeiten überwältigen zu lassen.

Diese Woche ist insgesamt eine berührende und intensive Zeit. Selten erlebe ich, dass Menschen so schnell offen und herzlich werden, wie beim Transpersonalen Atmen. Aus dieser Energie wieder in den persönlichen Alltag zu gehen ist eine große Herausforderung, auf die wir schon während des Kurses vorbereiten. Wer es sich leisten kann, sich etwas Zeit für diese Rückkehr zu lassen, dem empfehlen wir das. Oftmals hilft eine weiterführende therapeutische Begleitung und insbesondere eine regelmäßige spirituelle Alltagspraxis dabei, das Erlebte auch nachhaltig in sein Leben zu integrieren. Denn all die Erfahrungen haben vor allem einen Zweck: sie wollen uns zu heilsamer Veränderung und Ganzwerdung führen. So ist es berührend, Menschen mit dieser Arbeit letztlich zu mehr Licht im Herzen zu begleiten, was auch spiritueller Sicht auch dazu führt, mehr Licht und Liebe in die Welt zu tragen und durch die eigene Veränderung einen kleinen Beitrag zur heilsamen Veränderung der Welt beizutragen.

Kalyan Lensch: Diplompädagoge, Heilpraktiker Psych., Facilitator in transpersonalem Atmen, Künstler, Supervisor und Coach

Susanne Straub: ZEN-Schülerin, Ausbildung in Palliative Care und Aura-Sehen, Übersetzerin in Ausbildungsmodulen zum transpersonalen Atmen